inikwani dehina metu
Willi Igel in Äthiopien

Ein Knochenjob!:

Willi auf Dienstreise in Äthiopien


Die ging manchmal ganz schön ab, die Lucy !



Äthiopien sei die Wiege der Menschheit, heißt es. Weil dort das älteste Skelett eines Humanoiden gefunden worden ist, liebevoll Lucy getauft und  bis heute im wunderschönen äthiopischen Nationalmuseum zu bewundern. Lucy wird man wohl tatsächlich am besten in einer Wiege aufbewahrt haben dürfen, sie war gerade einmal einen Willimeter groß.

Danach kam nicht mehr viel. Vor etwa 3000 Jahren gründete der Äthiopier ein Kaiserreich, das lange vor sich hin dümpelte, mal etwas größer,  dann wieder etwas kleiner war und zu den wenigen Flecken Afrikas gehörte, die weder für die Briten noch für die Franzosen interessant genug  waren, um ernsthafte Kolonialisierungsversuche zu unternehmen. Kurz von 1900 wollten sich die Italiener das zunutze machen und starteten einen Eroberungsfeldzug. Satz mit X, Kaiser Menelik II setzte modernstes Kriegsgerät ein und sah von den Italienern sehr bald das, was gegnerische  Heere von ihnen am besten kennen den Rücken.
"They'll never come back" heißt es im Boxen. Vom Boxen versteht er aber nichts, der Italiener, und deswegen stand er, angeführt von Mussolini vierzig Jahre später schon wieder vor der Tür. Diesmal etwas erfolgreicher. Kaiser Haile Selassie wurde ins Exil vertrieben, seine Anhänger, die Rastas wurden überall im Land verfolgt daher der Begriff Rastafahndung und mit Massenerschießungen hingerichtet. Eine wirkliche Kontrolle über das von ihnen als "Abessinien" bezeichnete Gebiet hatten die faschistischen Truppen aus Italien trotzdem nie. Und nachdem der Weltkrieg zuhause nicht wirklich erfolgreich verlief (mit dem Rücken zur Front ist so ein Weltkrieg nach Aussagen der meisten Militärhistoriker schwierig zu gewinnen) zog sich Italien schon Anfang der vierziger Jahre wieder aus Afrika zurück, Frontbereinigung hieß sowas bei den deutschen Verbündeten.

Kaiser Menelik II setzte modernstes Kriegsgerät

ein,das wohl von einer renommierten Düsseldorfer

Firma angefertigt wurde.


Auch Haile Selassie verstand nichts vom Boxen, startete sein Comeback als Kaiser und wurde von den Rastafaris fürderhin als Gott verehrt. Alle anderen waren ebenfalls recht angetan vom Kaiser, der es schaffte, sein Land zu modernisieren und zu einem immerhin bescheidenen Wohlstand zu führen.


Das kann man heute noch ganz gut sehen, in und um Addis Abeba stehen rudelweise diese Betonklötze aus den fünfziger Jahren herum, die man damals modern fand und die sich auch in anderen Staaten finden, die damals gerade eine Aufschwungphase durchliefen, in Brasilien und in Venezuela zum Beispiel. Haile, Haile Gänschen!


Gut, Menschenrechte und Demokratie waren jetzt nicht gerade die Lieblingsdisziplinen von Haile. Als das in der Schule durchgenommen worden war, war er gerade auf dem Klo. Dafür muss er eine Eins in Absolutismus und Autokratie gehabt haben, denn die Machtkonzentration in der Person des Kaisers übertraf sogar das was wir in Deutschland von Beckenbauer oder von dem Kaiser von der Hamburg-Mannheimer gewohnt sind. So etwas geht nur solange gut, wie die Wirtschaft brummt.


Obwohl auch er über bestes Equipment verfügte, musste Selassie sich den Italienern geschlagen geben

Besaß einst Haile Selassie:

Der Kaiserthron


In den Siebzigern kam der Wirtschaft die Ölkrise ins Getriebe. Zudem nahm der Konflikt mit dem Äthiopien seit dem zweiten Weltkrieg zugeschlagenen Eritrea an Schärfe zu. Die Eritreer fühlten sich unterdrückt und wollten einen eigenen Staat aufmachen. Schuld war in den Augen der Bevölkerung nicht nur der Bossa Nova, sondern auch der Boss Haile.


Selassie wurde abgesetzt, kam kurz darauf unter bis heute nicht ganz aufgeklärten Umständen ums Leben (angeblich starb er an den Folgen einer Prostata-Operation) und eine sozialistische Regierung übernahm das Ruder. Die Sozialisten taten, was sie am besten konnten und wozu sich in der sozialistischen Internationalen seit Jahrzehnten Tipps austauschten: Andersdenkende verfolgen, Erschießungen vornehmen lassen und bei der Unterdrückung der Massen noch etliche Zähne zulegen. Nur falls sich einer wundert, warum das Skelett von Lucie nicht mehr alle hat, also alle Zähne. Die wurden von den Sozialisten gebraucht.


Das Ganze wurde nun Volksrepublik genannt und, auch das ganz in der Tradition anderer sozialistischer Versagerstaaten, von der desolaten volkswirtschaftlichen Bilanz im Inneren durch die Konstruktion imaginärer Bedrohungen von außen abzulenken. Einen Krieg in Ehren kann niemand verwehren. Also wurde aus der Volksdiktatur einer Militärdiktatur (nicht zu verwechseln mit der sehr bewährten Staatsform der Willitärdiktatur) und erst einmal Krieg gegen Somalia geführt, anschließend dann auch ein Bürgerkrieg mit den Eritreern veranstaltet, da lässt er sich nicht lumpen, der Militärdiktator,  selbst wenn die Bevölkerung vor lauter Armut schon in ebendiese Lumpen gewandet ist.


Die ersten Hungersnöte traten auf und waren so gravierend, dass erschütternde Bilder von Sterbenden den Weg rund um den Erdball fanden. Zusammen mit der Botschaft der Militärdiktatoren, die Verantwortung trage selbstverständlich der Aggressor. Im Übrigen versuchte man der Hungersnot auch weiterhin durch Erschießung größerer Teile der oppositionellen Bevölkerung Herr zu werden. Wer blaue Bohnen gefressen hatte, brauchte keine Hirse mehr


In den neunziger Jahren bröselte schließlich die ideologische und finanzielle Unterstützung aus dem Sowjetreich dahin, das zu diesem Zeitpunkt besser als Sowjetarm bezeichnet worden wäre.

Typisch äthiopische Prachtarchitektur der fünfziger Jahre.

Beton ist was man draus macht!


 Die Militärdiktatur brach zusammen und Äthiopien fand schließlich den Weg zu so einer Art Demokratie. Ohne Eritrea, das man auf Druck der Völkergemeinschaft in die Unabhängigkeit entlassen hatte. Ach ja, und weiterhin ohne Menschenrechte oder gar Pressefreiheit. Da  scheißt er sich nichts, der Herr Ahmed, der heute das Land regiert. Wenn ein Journalist es einfach nicht zu erkennen vermag, wie gut die Regierung für das Land ist, dann ist es wahrscheinlich auch besser, wenn er die Gelegenheit bekommt, im Knast mal ein wenig zu Ruhe und auf neue Gedanken zu kommen.


Tja, es läuft in Äthiopien. Derzeit ist es das Land mit dem höchsten Wirtschaftswachstum weltweit. Darauf weist der Präsident  gerne hin, wenn mal wieder lästige Diskussionen um Menschenrechte entstehen. Geht doch besser ohne. Es läuft. Laufen hat ja auch eine lange Tradition in Äthiopien. Bei Olympischen Spielen räumen die Läufer des Landes regelmäßig ein Gutteil  der Medaillen auf den Strecken von 1500 Meter bis Marathon ab. Was natürlich nur daran liegt, dass die Kinder schon zu Fuß  über Dutzende von Kilometern in die Schule laufen müssen. Und in der Bergluft des Hochplateaus um Addis von Natur aus jene roten Blutkörperchen in rauen Mengen gedeihen, die andere sich erst mühsam mit Zahnpasta zurechtdopen müssen.  Deswegen braucht es in Äthiopien auch keine Dopingkontrollen.


Übrigens ist der Äthiopier bis heute mehrheitlich Christ. Er baut seine Kirchen gerne sechseckig und malt sie farbenfroh aus. Oder er baut sie gar nicht, sondern meißelt sie aus dem Felsboden. Wie in Lalibela, wo kreuzförmige Kirchen buchstäblich in den Boden gehauen worden sind. Petrus, in diesen Felsen will ich meine Kirche hauen! Weltkulturerbe!


Den Rastafaris ist das zu anstrengend. Sie warten derweil auf die Wiedergeburt Selassies. Mit Recht, denn der weiß ja nicht,  dass das mit dem Comeback nicht geht, er versteht ja nichts vom Boxen

Suchposter einer Rastafahndung


Sechseckige Kirchen symbolisieren die Allmacht Gottes

malträtierte Märtyrer lassen daran Zweifel aufkommen




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