Vom lateinischen Wort für Silber, argentum, soll sich der Name des fröhlichen Landes am Rio de la Plata ableiten. Weil die spanischen Eroberer seinerzeit gewaltige Bodenschätze in den Anden vermuteten, Edelmetalle aller Art, Platin, Gold und natürlich auch Silber. Und offenbar blöd genug waren, potenzielle Wettbewerber um diese Reichtümer gleich mal durch die Bezeichnung der Kolonie darauf aufmerksam zu machen.
Eine andere Theorie nimmt hingegen an, der Name sei eine Verballhornung von "Agent-inien", weil nach dem zweiten Weltkrieg aus Europa geflohene Nazis in rauen Mengelen in Buenos Aires und Umgebung anlandeten, dicht gefolgt von Geheimagenten anderer Nationen, die nicht nur die Kriegsverbrecher ausfindig zu machen trachteten, sondern sich auch die von den Nazis mit nach Südamerika gebrachten Vermögenswerte unter den Nagel reißen wollten.
Womit wir wieder beim Silber wären.
Auch Gurken sind ein wichtiger Bodenschatz und dürfen in keinem deutschen Einwandererhaushalt fehlen
Diese Phase Mitte der 1940-er Jahre war zugleich das letzte Mal, dass Argentinien im Zusammenhang mit Wohlstand und Reichtum erwähnt wurde. Das vormals boomende Land, die Schweiz Südamerikas, ein Industriestandort und vor knapp hundert Jahren in den Top Ten der reichsten Staaten der Welt zu finden, fiel nämlich 1946 den Perons in die Hände. Die sich gleich daran machten, sozialistische Wirtschaftskonzepte umzusetzen: Verstaatlichung der Industrie, ausufernde Sozialprogramme, Abschottung vom internationalen Markt, Fünfjahrespläne.
Die Arbeiter liebten Präsident Juan Peron dafür. Erstmal. Als dann die Hyperinflation zuschlug, das Wirtschaftswachstum stagnierte und die Industrie kollabierte, wurde die Liebesbeziehung einem heftigen Stresstest ausgesetzt. Weil das den Arbeitern zugeschanzte Geld überraschenderweise über Nacht nichts mehr wert war. 1955 wurde Peron vorläufig von der Macht geputscht.
Beliebter als der abgesetzte Präsident war seine Frau Evita gewesen. Die Verhältnisse, aus denen sie stammte, waren sehr einfach. Vielleicht galt sie deswegen als easy“? Oder was genau muss man sich darunter vorstellen, wenn eine Präsidentengattin im Lebenslauf angibt, sie habe in ihrer Jugend als "Model" im Hafenviertel von Buenos Aires gearbeitet? Gehen Matrosen zur Modenschau? Immerhin konnte Evita sich schon vor der Beziehung zu Peron zu einer gut bezahlten Stellung als Radiomoderatorin hochschlafen... äh hocharbeiten. Peron selbst war finanziell auf noch rötere Rosen gebettet. Er stammte aus einer reichen Familie von Grundbesitzern und Viehzüchtern.
Dieses Geld wurde sinnvoll in Schmuck für die Gattin investiert und es wird auf Ewigkeit ein Rätsel bleiben, wie es der christbaumartig mit Perlen und Gold behängten Evita gelingen konnte, sich bei Besuchen in den Elendsvierteln glaubwürdig als Advokatin der Ärmsten zu verkaufen und höchstes Ansehen gerade bei den Besitzlosen zu erwerben. Bis heute wird ihr Grab auf dem Friedhof von Buenos Aires von ihren Fans mit Blumen geschmückt und ziert ein überlebensgroßes Bild Evitas die Fassade eines Hochhauses an der Hauptstraße. Margot Honecker dürfte vor Neid erblassen, wäre sie nicht ohnehin schon verblichen
Warum Juan Peron die Prostitution legalisieren ließ, mag sich der geneigte Leser nach dieser Vorrede vielleicht selbst zusammenreimen können. Peron legte sich damit allerdings mit einem in Südamerika traditionell mächtigen Gegner an, der katholischen Kirche. Denn religiös ist er bis zum Anschlag, der Argentinier. Bis heute sind Maradonnen-Erscheinungen gang und gäbe und hofft man auf die Rückkehr des Messi-as (aus Barcelona in die Nationalmannschaft). Da kam ein kirchenkritischer Präsident nicht gut an. Zumal er auch noch die Frechheit besaß, zivilrechtliche Scheidungen zu erlauben und nichteheliche Kinder mit vollen Bürgerrechten auszustatten.
Also weg mit Peron und dessen neuer Partnerin, die er nach Evitas Tod zu sich in den Präsidentenpalast geholt hatte. Da war das Mädel gerade erst 13, das wiederum hätte der katholischen Kirche angesichts der hohen Affinität des Klerus zu Messdienern ähnlichen Alters doch eigentlich gefallen müssen?
Wenn so ein gut gemachter Sozialismus ein Land erst einmal zerstört hat, dann ist das nicht über Nacht zu reparieren. Verschiedenste Militärregierungen und zivile Präsidenten schafften das jedenfalls nicht, deswegen holte man 1973 Peron zurück, der mit gerade einmal 78 Jahren als jugendlicher Hoffnungsträger einen neuen Anlauf nehmen durfte. Nachdem seine linken Rezepte versagt hatten, versuchte er es nun mit Rechtsaußen, inklusive der bei Faschisten so beliebten Verfolgung, Verhaftung und Tötung Andersdenkender. Damit setzte er die Tonart auch für seine Nachfolger. Das heißt zunächst für seine Frau Isabel, die er nach ihrer Karriere als Nachtclubtänzerin geheiratet und flugs zur Vizepräsidentin gemacht hatte und die ihm nach seinem Tode 1974 für ein paar Monate auf dem Präsidentensessel nachfolgte, um die Zeit bis zum nächsten Militärputsch zu überbrücken. Die Militärs schlugen dann noch heftiger zu, reihenweise wurden Regimekritiker beseitigt, zumeist in der Nacht abgeholt, ohne Haftbefehl, ohne Unterrichtung der Angehörigen, sie waren und blieben einfach verschwunden. Etliche wurden aus dem Flugzeug über dem Meer abgeworfen. Zwischendrin wurde eine Fußball-Weltmeisterschaft ausgerichtet, die FIFA war schon damals sehr wählerisch in den Mindeststandards an die Beachtung der Menschenrechte, die ein Staat beachten musste, der sich als Gastland der WM erfolgreich bewerben wollte. Übrigens weiß bis heute nicht nur niemand, wo dieses Alesia liegt, auch von Cordoba weiß das niemand. Gibt es Cordoba vielleicht gar nur in den Hirngespinsten degenerierter Bergvölker? Wer weiß!
Von Clinton und Putin lernen, heißt Angriffskriege führen lernen. Wenn es volkswirtschaftlich gerade nicht so gut läuft, lenkt man eben mit einem Krieg ab. So auch die argentinische Regierung in den Achtzigern. Man besetzte die Falkland-Inseln. Bis heute ist unklar, ob die Argentinier sich erhofft hatten, die paar Felsbrocken fernab der Küste könnten dem Briten doch kaum wichtig genug sein, um Gegenwehr zu leisten.
Oder ob die Argentinier dachten, als Militärregierung werde man ja wohl noch einen Krieg gegen das von Hoolies und Schwulies besiedelte und von altersschwachem Adelsgeschmeiß regierte abgewirtschaftete Kleinbritannien gewinnen können.
Nun ja, die Briten schickten zwei alte Fregatten, auch wenn das keine sehr höfliche Bezeichnung für Margaret Thatcher und Elisabeth Windsor sein mag, sowie drei bis vier altersschwache Soldaten als Falklandetruppen und nach zwei Wochen war Argentinien besiegt und seine komplette Marine, also beide Fischkutter und das Schlauchboot, auf dem Boden des Atlantiks zur ewigen Ruhe gebettet.
Danach war nicht mehr viel. Ein Präsident nach dem anderen scheiterte daran, das marode Land wieder nach vorne zu bringen. Der Trend, die eigene Ehefrau zur Nachfolgerin zu machen, hielt jedoch an, Nestor Kirchner ist das ebenfalls gelungen. Ohne durchschlagenden Erfolg. Exportiert werden nach wie vor nur Schwermut und der aus Algen gewonnene Tang-o. Sowie Rinderfilet. Das in Argentinien traditionell ganz puristisch serviert wird. Also als Zweikiloklotz und ohne Beilagen. Nicht einmal Fritten gibt es. Der Argentinier brät, er frittiert nicht. Das kommt schon in der Nationalhymne "Dont fry for me Argentinia“ zum Ausdruck. So fällt der Speiseplan eher eintönig aus. Und mit dem Wein aus Mendoza kann man letztlich nicht wirklich Staat machen. Mit anderen Worten: Da muss man jetzt nicht ganz dringend hin, in dieses Argentinien.